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Unsere vierte Station in Myanmar: Kalaw

von HEIKE am 02. AUGUST 2011

Kalaw liegt im Shan-Staat. In den Bergen leben mehrere „Hill-Tribes“, die wir auf einer mehrtägigen Treckingtour besuchen wollten.
Die besten Informationen darüber bekommt man in einfachen Guesthouses. Wir entschieden uns für Golden Lily´s Guesthouse, das wirklich einfach war, was bei einem Zimmerpreis  von US$ 10 auch nicht anders zu erwarten war. Ich fühlte mich 20 Jahre zurück versetzt: einfachstes Zimmer, hauchdünne Wände und muffiger Geruch. Aber die gewünschten Infos für unsere Tour bekamen wir, denn die Familie Singh, die das Guesthouse betreibt, organisiert mehrtägige Trecking-Touren von Kalaw an den Inle-See. Die Familie sind Sikhs indischer Abstammung. Unter den Briten sind viele Inder nach Burma geholt worden, um die Eisenbahn zu bauen. So wohnt auch diese Familie seit den zwanziger Jahren in Myanmar. In Indien waren sie noch nie, denn es ist für sie äußerst kostspielig und die entsprechenden Unterlagen sind behördenseitig kaum zu bekommen.

Donnerstag, 28. Juli 2011

von ANDREAS

Nachdem wir gestern abend hier aus Bagan angekommen sind und die Trecking-Tour für morgen klargemacht haben, legen wir heute nochmals einen etwas ruhigeren Tag ein. Wir haben uns ein Taxi für den Tag gebucht und besuchen zunächst einen Markt, von dem wir uns allerdings mehr Hill-Tribes in traditioneller Kleidung erhofft hätten, so dass wir recht schnell nach Pindaya weiterfahren zur Shwe OO Min Pagode, einer natürlichen Höhle, in der mehr als 8.000 Buddha-Statuen aufgestellt sind. Diese Pagode ist eine weit über die Grenzen Myanmars hinaus bekannte Pilgerstätte, die wir uns allerdings nur von außen ansehen, Nina kränkelt etwas und schläft im Taxi, der Eintritt bringt dem Regime Extra-Dollars und wir haben heute auch nur begrenzt Lust auf noch mehr Pagoden, so dass wir uns zu einem Betrieb begeben, der Schirme herstellt, alles aus Naturmaterialien und von Hand, wir sind begeistert von der Handwerkskunst, toll, was diese Menschen in der Lage sind herzustellen!

Schirmherstellung

Ich kann nicht widerstehen und kaufe einen der Schirme, auch wenn wir noch keine Idee haben, wie wir dieses gute Stück ein Jahr lang transportieren sollen, mal sehen, irgendeine Möglichkeit wird sich schon ergeben. Den Rest des Tages regenerieren wir und sammeln Kraft für die kommenden drei Tage.

Freitag 29. Juli 2011 bis Sonntag, 31. Juli 2011

Morgens brechen wir zu einer dreitägigen Trecking-Tour zum Inle-See auf. Die Bilder, die uns die Brüder Rambo und Harry gezeigt hatten waren wirklich sehr ansprechend und machten Lust auf diese Tour. Sie sollte leicht sein und nur ca. 6-7 Stunden wandern täglich waren vorgesehen. Also ein guter erster Einstieg für uns.

Die erste Frage war für mich, was nehme ich mit? Schlafsack oder nicht? Die Kids und Andi entschieden sich dagegen. Ich nahm meinen mit. Ein großer Fehler, den ich schon bald bereute. Auch sonst hatte ich eindeutig zu viel mit.

Wir laufen mit insgesamt acht Leuten los, vier Franzosen kamen noch zu uns Vieren hinzu. Ich hatte eindeutig den schwersten Rucksack. Na ja, dachte ich, das bekomme ich schon hin, bin schließlich sportlich. Bei zunehmender Hitze ging es in die Berge. Es klappte zunächst auch ganz gut und wir hatten Spaß, die Landschaft ist herrlich: Grüne Berge, dazwischen Reisfelder und kleine Dörfer, wo die Menschen uns immer wieder zuwinkten. Nach ca. 1,5 Stunden waren wir allerdings alle schweißgetränkt. Wir stoppten sehr häufig, um eine kleine Pause zu machen. So kamen wir nur sehr langsam vorwärts.

Zur Mittagspause hatten wir einen traumhaften Blick über die Berglandschaft. Gekocht wurde von drei Jungs, die mit allen Lebensmitteln auf dem Rücken vorliefen, mit Flipflops an den Füßen. Wir hatten dagegen dicke feste Wanderschuhe an und mussten trotzdem genau auf den Weg achten.

MittagspauseReisanbau

Unterwegs sahen wir viele Menschen, die auf den Feldern arbeiteten: die Felder wurden mit Ochsenkarren gepflügt, der Reis mit der Hand in das Wasser eingesetzt, der Tee mit der Hand gepflückt. Besonders die Begegnung mit den Teepflückerinnen war für uns beeindruckend. Es waren Mädchen zwischen 11 und 16 Jahren, die den ganzen Tag die kleinen hellgrünen Blätter von der Teepflanze pflücken und dafür umgerechnet weniger als € 3 pro Tag bekommen. Nicolas und Nina waren doch ziemlich betroffen, als sie sahen, wie schwer diese Arbeit ist. Nach der 5. Klasse gibt es in Myanmar keine Schulpflicht mehr. Das bedeutet, dass die Kinder dann arbeiten, wenn sich die Eltern die weiterführende Schule nicht mehr leisten können, was auf dem Land häufiger vorkommt.

TeepflückerinTeepflückerinTeepflückerin

Am Nachmittag besuchten wir einen 85 jährigen Schamanen. Dies war ein etwas skurriler Besuch. Wir stiegen hoch in seine Hütte und setzten uns im Halbkreis um ihn herum. Dann bekamen wir Tee und konnten ihm Fragen stellen. Übersetzt hat unserer Guide Rambo. Wir fragten ihn nach seiner Funktion im Dorf und seinen Heilpraktiken. Er zeigte uns Kräutermischungen, die gegen alle möglichen Krankheiten schützen sollten, die wir auch probieren konnten. Auch ein Mittel gegen Malaria, das Opium enthielt war dabei. Myanmar gehört nach Afghanistan zum weltweit zweitgrößten Heroinexporteuer. Für einen Schamanen gehört der Genuss von Opium allerdings zu seinen bewusstseinserweiternden Praktiken. Wir erfuhren weiterhin, dass das Leben in seinem Dorf in den letzten Jahren schwieriger geworden ist. Die Bauern müssen teures Saatgut aus China beziehen, das wiederum teuren Dünger benötigt. Die Gewinne der Bauern sind dadurch kleiner geworden. Alles in allem war es ein ziemlich interessanter Besuch.

Schamane

Der weitere Nachmittag zog sich dann ziemlich in die Länge. Mein Rucksack wurde immer schwerer, aber natürlich sagte ich kein Wort. Jeder Schritt fiel mir schwer. Kurz vor Dunkelheit erreichten wir einen kleinen Bahnhof. Dort deckten wir uns mit Wasser, Cola und Bier ein. Den Aussagen Rambos folgend dachten wir, es wäre nur noch ein kurzes Stück und freuten uns schon auf ein kühles Bier und endlich etwas zu Essen.  Aber es dauerte nochmal ca. eine Stunde durch die stockdunkle Nacht. Obwohl wir alle Taschenlampen hatten, war es schwierig den Weg zu erkennen, vor allem, als es quer durch ein matschiges durchwühltes Feld ging. Endlich tauchte das Haus auf, in dem wir übernachteten. Ich traute meinen Augen nicht, denn um das Haus herum war eine einzige Müllhalde verstreut. Ich hatte mir zwar eine einfache Hütte vorgestellt, aber das war dann doch zu viel. Meine Stimmung sank auf den Nullpunkt. Da haben auch die aufmunternden Worte meines Ehemanns nicht mehr geholfen. Ich war fertig: hier sollte ich schlafen: Mitten im Müll!

Die Kinder fanden es nicht so schlimm und richteten sich sofort in ihrem Matratzenlager ein. Ich habe mich erst mal am Wasserbottich erfrischt. Im ersten Stock war es dann etwas besser und das Bier und das Essen haben mich dann ein wenig getröstet. Hinter ein paar Tüchern, abgetrennt von der Familie des Hauses, haben wir als Gäste dann geschlafen.

AbendessenÜbernachtung

Am zweiten Tag unserer Trecking-Tour wachte ich sehr früh auf und machte einen kleinen Morgenspaziergang in das nahegelegene Dorf. Es war interessant, das Dorf beim Wachwerden zu beobachten. Die Morgenwäsche wurde an den Brunnen erledigt, die Kühe auf die Weide getrieben und die Höfe gefegt. Alles machte einen einfachen aber sehr sauberen Eindruck, entgegengesetzt zu unserer Unterkunft. Es ging dann gegen 08.30 Uhr los. Der erste Teil verlief ganz gut. Es war heiß, aber es ging. An unserem ersten Stop, mussten Julia und Frank aus Paris uns dann verlassen, da Julia über 39°C Fieber hatte. Sie hatten Glück, dass ein Auto sie nach Kalaw zurückbrachte.

FamilyHeikeHill-Tribes

Danach wurde es höllisch anstrengend, da die Mittagspause erst gegen 14.00 Uhr angepeilt war. Ich hatte einen tierischen Hunger, als dann auch noch Andis Kamera den Dienst versagte, wahrscheinlich vom Schweiß, der in Strömen floss, war die Stimmung auf dem Nullpunkt. Jetzt maulten auch die Kids. Aber sie marschierten stramm weiter. Endlich erreichten wir ein Haus mit einem Brunnen, wo unsere „Cook-boys“ schon ein einfaches, aber leckeres Essen zubereitet hatten. Ich war so fertig, dass ich auf dem Boden eingeschlafen bin.

Nach der Pause war die Stimmung dann wieder besser. Kurz nach dem Essen erwischte uns ein kräftiger tropischer Regenschauer, der dazu führte, dass alle Wege in kürzester Zeit durchweicht waren und das Gehen eine einzige Rutschpartie war. Auch waren einige Wege zu Bächen geworden, die nur mit einiger Mühe überquert werden konnten. Was uns Erwachsene nervte, war für Nico und Nina reinster Spaß. Insbesondere Nico sprang häufig mit einem großen Satz über die Bäche, wo ich mich nur langsam herübertastete. Wackelige Bambusbrücken und schmale Wege zwischen Reisfeldern wurden von ihnen im Laufschritt bewältigt. Ich balancierte nur langsam mit meinem Rucksack und sah mich schon im Reisfeld liegen.

WasserbüffelWet Feet

Wir brauchten aufgrund der schlechten Wegverhältnisse erheblich länger als geplant. Allerdings wollten wir nicht wieder in der Dunkelheit ankommen. Die letzten zwei Stunden zogen sich sehr in die Länge, insbesondere als wir den letzten Berg-Pass überwunden hatten und Rambo uns zeigte, wie weit es noch zum Kloster ist, wo wir schlafen wollten, verlies mich der Mut. Abgelenkt wurden wir von der Ochsenkarren-"Rush-Hour", die über den kleinen Pass stattfand. Ein Karren nach dem anderen und viele verschiedene Hill-Tribes in ihrer traditionellen Kleidung waren auf dem Weg zurück von den Feldern in ihre Dörfer.
Zum Schluss haben Andi und Nico abwechselnd dann meinen Rucksack getragen. Ich war ihnen total dankbar. Mit Sicherheit nehme ich auf meiner nächsten Trecking-Tour weniger mit.

Endlich kam das Kloster in Sicht. Ein einfaches und altes Haus mit Nebengebäuden, aber sauber. Wir schliefen in der Meditationshalle in einer extra abgetrennten Ecke. Das Kloster war von ca. zwölf Mönchen bewohnt, überwiegend Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren. Zusätzlich gab es diesem Abend noch eine Zusammenkunft einer Gruppe Pa-O, der Hill-Tribes der umliegenden Dörfer. Sie schliefen auch in der Halle und feierten den ganzen Abend lang lautstark.

Trotzdem war diese Nacht wesentlich besser, als unsere erste Nacht. Morgens wurden wir allerdings um 04.00 Uhr vom Morgengebet der kleinen Mönche geweckt. Ich bewundere die Disziplin der Kinder, so früh aufzustehen und eine Stunde Mantras zu singen. Danach schliefen wir alle noch mal ein.

Am 3. Tag unserer Tour standen wir erneut etwas spät auf und marschierten entsprechend spät los. Meine Füße taten sehr weh, ich hatte mittlerweile mehrere Blasen und auch Muskelkater. Heute mussten wir nur den halben Tag wandern und das motivierte uns sehr. Meinen Rucksack trug einer der Jungs, die für uns kochten, was das Wandern erleichterte. Ich dachte: im Himalaja gibt es ja Sherpas... 

KlosterMönche

Unser Boot zum Inle-See sollte um 14.00 Uhr fahren, so dass wir etwas unter Zeitdruck standen und in einem irrsinnigen Tempo liefen. Fotos waren nicht mehr möglich, auch führte ein großer Teil der Strecke entlang langweiliger Straßen. Die Kids maulten jetzt ziemlich, ihnen war es einfach zu langweilig. Sie fanden den anstrengenden zweiten Tag viel besser, da war wenigstens etwas passiert. Ich war eigentlich froh, dass wir einen einfacheren Weg zu gehen hatten. Als wir dann unter uns den Inle-See sahen, freuten wir uns natürlich riesig. Das Ziel so nah vor Augen gab uns noch mal Kraft. Unser Ziel war dann nicht der See direkt, sondern ein kleiner Fluss, wo ein Longtail-Boot auf uns wartete. Vor der Abfahrt gab es nochmals Lunch und dann ging es in einer ca. einstündigen Bootsfahrt zu unserem Hotel, einer schönen Anlage mitten auf dem See mit kleinen Bungalows auf Pfählen, verbunden mit Holzstegen und in der Mitte das Restaurant. Genau die richtige Umgebung um uns von den Strapazen der Trecking-Tour von Kalaw zu erholen.

AngekommenBootsfahrt