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Unterricht? Ich lieeebe es sooo sehr...?!

von NICOLAS am 03. SEPTEMBER 2011

Eines weiß ich jetzt. Schule nervt immer! Egal ob in Thailand am Strand oder im verregneten Hamburg, überall könnte ich liebend gerne darauf verzichten.

Dabei gibt es nur einen kleinen Haken, ich darf es nämlich nicht! Meiner Meinung nach sind Binomische Formeln, Quadratische Gleichungen und Strahlensätze ja unbedingt zum Leben notwendig. Ich kann lesen, schreiben und das kleine Einmaleins. Das ist Mathe-Hausaufgabenmehr als Millionen andere Menschen wissen - und die sterben trotzdem nicht alle den Tod der Unwissenheit (falls es den geben sollte, denn ich habe nämlich noch nie von ihm gehört!). Meine Lehrer sind da etwas anderer Meinung, und meine Eltern leider auch...

Bis jetzt haben wir ausschließlich Matheunterricht von unserem Vater bekommen und ich glaube, ich habe schon jetzt mindestens die Hälfte des Stoffes des gesamten Schuljahres durchgebüffelt und mich dabei halb totgequält. Meine Mutter dagegen war von dem Ganzen so begeistert, dass sie gleich vorschlug, den ganzen Stoff nochmals von vorne zu wiederholen, wenn wir fertig seien. Daraufhin bat ich meinen Matheprivatlehrer etwas das Tempo herauszunehmen und den Geschwindigkeitspegel  wenigstens ein bisschen sacken zu lassen. Mittlerweile müssen wir ihn jetzt manchmal sogar antreiben, da er dem „etwas Tempo rausnehmen“ deutlich zu viel Gewicht gab.

Das ist der Vorteil an Eins-zu-Eins-Unterricht. Alles ist perfekt auf einen abgestimmt und jedes noch so kleine Rädchen richtet sich fast ausschließlich nach dir. Ist doch super - oder?

Ist es nicht! Denn genau diese Vorzüge machen es so zum Horror. Irgendwo in Thailand sonnenbeschienen am Strand zu sitzen mit einem leckeren, erfrischenden Mango- oder auch Ananas-Shake in der Hand und nebenbei ein paar Zahlen herunterleiern. Hört sich richtig nett an, ist es aber nicht, nicht bei unserem Lehrer.

In der Schule kann man teilweise träumen und einfach mal seinen Gedanken nachhängen. Manchmal vermisse ich es fast, in einem ungemütlichen Klassenzimmer zu sitzen, mit meinem Nachbarn zu plaudern und im nächsten Moment von einem Lehrer aufgeschreckt zu werden, ohne den geringsten Schimmer, was er denn gefragt haben könnte und geschweige denn, die Antwort zu wissen. Bei unserem Lehrer dagegen ist das Wort „Unaufmerksamkeit“ ein absolutes Fremdwort und es müsste erst noch erfunden werden.

Fragen, Fragen, Fragen und immer zu einhundert Prozent dabei sein! Zu Beginn unserer Reise fuhr ich mit dem Selbstbewusstsein los, ein nicht ganz so schlechter Schüler zu sein. Wenn ich jetzt mal wieder einen unnötigen Fehler gemacht habe, den ich eigentlich schon in der ersten Klasse vermieden hätte, komme ich mir manchmal so vor, als hätte ich zwischenzeitlich einen der Plätze in den Top-Ten der dümmsten Lebewesen im Universum erobert. Und da eher einen der Vordersten...

Eine angeblich besonders große Schwäche von mir hat mein Vater im Bruchrechnen entdeckt. Er scheut es auch nicht, mich darauf immer wieder aufmerksam zu machen und ist fest der Meinung, dass meine kleine Schwester, mit der er gerade ebenjenes übt, deutlich fitter in diesen Belangen sei, als ich. Ansichtssache... ;-)

Wenn ich dann mal wieder lustlos dasitze, nicht besonders motiviert auftrete und mir einfach nur die Sonne ins Gesicht scheinen lasse, was natürlich nieee vorkommt ;-), muss man natürlich Verständnis für meinen Lehrer haben, dass er auch mal ein bisschen pampig wird und keine besonders große Lust mehr verspürt einem nervigen, aufgekratzten & ständig nörgelnden Teenager die „Welt der Mathematik“ (wie meine Lehrer zu Hause zu sagen pflegen) schmackhaft zu machen!

Auch der zu häufige Gebrauch des Taschenrechners kann ihn ganz schön auf die Palme bringen, insbesondere, wenn ich in seinen Augen damit das Denken ersetzen möchte, wobei ich dies nicht wirklich nachvollziehbar finde...

Nach vier Wochen „Mathehorror“ fast jede Sekunde kommt es mir langsam so vor, als ob man kein Leben mehr führen kann, ohne nicht ein mindestens so gewiefter Mathematiker wie Pythagoras höchst persönlich zu sein. Trotz alledem haben wir uns mittlerweile ganz gut eingependelt und finden meistens eine passende Wellenlänge, auf der sich Jeder ganz gut zurechtfinden kann.

Andere Fächer gibt es natürlich auch noch. Ich warte schon sehnlichst darauf, dass erste Mal von meiner Mutter unterrichtet zu werden! Vielleicht wird das dann ja ein bisschen ruhiger, wobei ich ein grenzenloser Optimist sein müsste, um das ernsthaft zu glauben. Wir werden es sehen...

Deutsch werden wir bald beginnen. Erörterungen und Bewerbungsschreiben, dass kann ja mal lustig werden. Englisch dagegen werden wir hauptsächlich in Australien machen und wie man sich somit bereits denken kann wird der Schwerpunkt von Spanisch in Südamerika liegen. Dort werden wir voraussichtlich eine Sprachschule besuchen und soweit es sich einrichten lässt planen wir, dass ich einen Austausch in einer argentinischen Familie machen werde.

Insgesamt habe ich also mindestens genauso viel Stress wie zu Hause, mit dem Unterschied, dass ich mehr Eigenverantwortungen, als zu Hause übernehmen muss, da mir nicht alles hinterhergetragen wird und ich somit noch mehr dafür verantwortlich bin meinen Allerwertesten in die zehnte Klasse zu bekommen. Trotzdem sollte jeder, der sagt, ich hätte für ein Jahr lang keine Schule, sich erst mal vorstellen, ein Jahr lang von meinen Eltern unterrichtet zu werden und sich danach nochmals fragen, ob dies alles wirklich so fantastisch klingt.

Abschließend sollte ich dann vielleicht noch zugeben (damit kein sooo falscher Eindruck entsteht ;-) ), dass ich, trotz aller Qualen, die wir in der prallen Sonne überstehen müssen, Schule am Strand doch deutlich weniger nervig finde, als in einem von Lehrern besetzten Raum im regnerischen Hamburg!