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Nepal: Kathmandu

von HEIKE am 28. NOVEMBER 2011

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Die Grenze nach Nepal öffnet auf der chinesischen Seite um 10.00 Uhr, in Nepal ist es zweieinviertel Stunden früher, also 07.45 Uhr. Dennoch stehen wir früh an, denn die Kontrollen auf der chinesischen Seite sind langwierig und wer hinten in der Schlange steht, wartet Stunden.

Friendship-HighwayUnsere Rucksäcke werden bei der Ausreise genau untersucht und teilweise müssen wir sie sogar auspacken. Dann verabschieden wir uns von Tashi und Tenzin. Die beiden haben ganz sicher dazu beigetragen, dass die zwei Wochen in Tibet für uns unvergesslich bleiben werden.

Wir gehen über die Freundschaftsbrücke, die Grenze zwischen China und Nepal über den Bohte Koshi. Auf der anderen Seite erwartet uns eine total andere Welt. Wir merken sofort, dass wir auf dem indischen Subkontinent angekommen sind. Es ist chaotisch, dreckig, laut, quirlig und bunt. Selten habe ich einen Kulturunterschied so deutlich erlebt. Dazu das subtropische Klima, das einen krassen Gegensatz zum kargen Hochland von Tibet darstellt.

Auch die nepalesischen Grenzformalitäten und die Beantragung des Visums dauern nicht lange. Als wir unsere Weiterfahrt nach Kathmandu organisieren, treffen wir Timor, mit dem wir gemeinsam am E.B.C. waren, wieder. Er beschließt, zusammen mit uns zu fahren.

Touristenzenrum ThamelZwischen der Grenze und Kathmandu verkehren nur Geländewagen. Nach einigen Kilometern wissen wir auch warum. Der Friendship-Highway ist hier nicht mehr asphaltiert und in einem katastrophalen Zustand. Teilweise ist die Straße sogar zur Hälfte weggeschwemmt. Ein Riesenunterschied zum chinesischen Teil des Highways. Schon nach kurzer Zeit wird deutlich welche enormen Infrastrukturprobleme Nepal hat. Für die 160 Kilometer nach Kathmandu benötigen wir mehr als sechs Stunden.

In Kathmandu erwartet uns dann der nächste Schock, die Luft ist so schlecht, dass wir uns kaum zu atmen trauen. Oder haben wir uns einfach an die unglaublich klare und saubere Luft in Tibet gewöhnt? Trotzdem freuen wir uns wieder auf etwas mehr Zivilisation.

Die Kinder stürzen sich auf Schokoladeriegel, ich freue mich auf ein sauberes Zimmer mit warmer Dusche und Andi auf ein gut funktionierendes Internet. Bis auf das Internet haben wir alles bekommen. Das International Guesthouse ist eine Oase im chaotischen Kathmandu. Es liegt zwar am Rande des touristischen Thamel mit seinen vielen Souveniershops, Restaurants und Geschäften mit Outdoorartikeln, aber im Garten können wir herrlich entspannen.

Freitag, 14. Oktober 2011 bis Sonntag, 16. Oktober 2011

Wir wollen drei Tage hier bleiben. Wir organisieren unsere Weiterfahrt, den Nationalpark-Aufenthalt im Chitwan Nationalpark und besuchen die wichtigsten Tempel und Sehenswürdigkeiten in Kathmandu. Eigentlich kann man mehr als eine Woche hier bleiben, Gebetsmühlen am Swayambhunathaber dazu haben wir keine Lust. Wir beschränken uns auf die beiden buddhistischen Tempelanlagen Swayambhunath („Affentempel“) und Bodhnath sowie den hinduistischen Tempel Pashupatinath.

Der Swayambhunath, den wir am Samstag besuchen, ist eine strahlend weiße Stupa mit den Augen des Buddha, die auf einem Hügel liegt. Affentempel wird sie genannt, weil dort eine große Affenfamilie entlang der Treppe lebt, die zum Tempel führt. Von oben haben wir einen wunderbaren Blick über Kathmandu in der Nachmittagssonne. Uns erwarten bekannte Gerüche nach Butterlampen, Weihrauch und Gläubige, die ihre rituellen Umrundungen vollziehen und dabei Gebetsmühlen drehen. Auch das bekannte „Om Mani Padme Hum“ hören wir an jeder Ecke. Andi kauft sogar eine CD mit dem ewiggleichen Sing Sang des Mantras. Ob es auch uns Westlern die nötige Entspannung im Reisealltag bringt? Ich bin gespannt. Nina will das Mantra jedenfalls auf ihrem i-Pod haben.

Am Sonntag starten wir zum Bodhnath-Tempel. Er ist seit Jahrhunderten eines der bedeutendsten Ziele buddhistischer Pilger aus Nepal und den umliegenden Regionen des Himalayas. Es ist einer der wenigen Tempel ausserhalb Tibets, in dem tibetischer Buddhismus in Reinstform praktiziert wird. Die Gründung geht auf das 5. Jahrhundert zurück und mit 36 Metern Höhe gehört die BodhnathStupa zu den Größten ihrer Art. Sie ist wirklich beeindruckend, besonders die großen Augen, die aufgemalt sind, geben einem das Gefühl der ständigen Beobachtung. Um die Stupa herum gibt es zahlreiche Geschäfte und Restaurants, sogar Meditationskurse kann man besuchen. Uns fällt abermals auf, wie stark religiöses und weltliches Leben miteinander verknüpft sind.

Von der Stupa ist es nicht sehr weit zum größten und wichtigsten hinduistischen Tempel in Kathmandu. Wir beschließen die paar Kilometer zu Fuß zu gehen. Was in Kathmandu als Tourist nicht üblich ist und wir werden ständig gefragt, ob wir nicht doch ein Taxi wollen. Aber ich finde ist ziemlich interessant auch mal durch normale Wohngegenden zu laufen. Thamel hat mit dem eigentlichen Kathmandu nicht viel gemeinsam. So sehen wir willkürlich und ohne erkennbare Planung verstreut liegende Mehrfamilienhäuser. Die dazwischen liegenden Flächen werden als kleine Reis- oder Maisfelder genutzt. Auf der Straße liegt viel Müll, aber besonders der Fluss den wir überqueren wird als Müllhalde genutzt.

Dann, ganz in der Nähe des Flughafens, erreichen wir Kathmandus wichtigsten Hindu-Tempel Pashupatinath. Auf den ersten Blick erkennt man nicht, dass dies ein so wichtiger Tempel ist, aber er ist in religiöser Hinsicht ein spirituelles Kraftzentrum. Er ist Gott Shiva gewidmet, der hier als Gott des Lebens verehrt wird. Der eigentliche Tempel ist nur für Hindus zugänglich, der äußere Tempelbezirk darf hingegen von Jedermann betreten werden.

Uns fallen die zahlreichen Sadhus auf, die hier meditieren. Allerdings erklärt uns unser Guide, den wir engagiert haben, dass einige „holy men“ eher „Moneytation“ praktizieren als „Meditation“.  Die Unterscheidung zwischen falschen Sadhus, die von Besuchern Geld "Moneytation"-Sadhusfür ein Foto verlangen und davon ganz gut leben können und echten Sadhus, die als Eremiten einen großen Teil ihres Lebens meditierend verbringen ist für uns ziemlich schwierig. Daher fotografieren wir einfach die am wildesten aussehenden Sadhus. Dekorativer sind aber die Moneytation-Sadhus, die wirklich klasse aussehen – wie im Karnevall!

Der Tempel ist der wichtigste Platz für die Totenverbrennung in Nepal und es gilt als erstrebenswert sich hier bestatten zu lassen.
Wir sehen zahlreiche Feuer und verfolgen eine Bestattungszeremonie aus der Ferne. Die Zeremonie wird von sehr vielen Menschen verfolgt. Für mich ist die Öffentlichkeit der Totenverbrennungen äußerst ungewöhnlich. Der Tod ist hier viel mehr in das Leben integriert, als in unserer westlichen Kultur.

Nach diesem Erlebnis brauche ich ein wenig Ruhe und fahre mit den Kindern ins Guesthouse. Andi besucht noch den Durbar Square in Kathmandu.

Totenverbrennung am PashupatinathNach den zahlreichen Ortswechseln der letzten Wochen brauchen wir Zeit, die gewonnenen Eindrücke zu verarbeiten und Andi und die Kids sehnen sich nach etwas Stabilität. So gehen wir z.B. in Kathmandu jeden Abend ins K-To Steakhouse zum Essen, da wissen wir, was wir bekommen. Am Samstag Abend treffen wir dort Timor und lernen seine Freundin Kati kennen, die ihn in Nepal auf seiner Weltreise besucht. Es ist richtig nett und hat für uns etwas von „bekannte Freunde“ treffen – einfach schön!

Die Lust weiterzureisen ist ein bisschen erlahmt und wir sehnen uns nach etwas mehr Ruhe. Daher freuen wir uns, aus dem quirligen Kathmandu schnell herauszukommen. Nach dem Besuch des Chitwan Nationalparks planen wir für zwei Wochen in Pokhara zu bleiben.

Abends packen wir dann erneut unsere Rucksäcke. Morgen geht es schon früh für drei Tage in den Chitwan Nationalpark im Süden Nepals.