family around the world

China: Chengdu über Kangding

von HEIKE am 03. OKTOBER 2011

Sonntag, 25. September 2011

von ANDREAS am 04. OKTOBER 2011

Sichuan-Tibet HighwayUnser Bus von Litang nach Kangding soll um 06.30 Uhr starten. Wir sind erst eine Viertelstunde vorher an der Busstation, zu kurz, um noch die geplante Nudelsuppe zum Frühstück zu verputzen. Macht nichts, denken wir, der Bus hält sowieso alle zwei bis drei Stunden an und macht eine Pause, Essen ist in China schliesslich eine wichtige Angelegenheit!

Hätten wir gewusst, was an diesem Tag auf uns zukommt, hätten wir jeder zwei Nudelsuppen gegessen!

Der Bus fährt erst um 07.05 Uhr los, die letzten Fahrgäste kommen kurz vorher mit dem Taxi an. Warum das so ist und warum die so cool so spät kommen, wissen wir nicht. Für die Suppe hätte die Zeit dreimal gereicht.

Die Strecke von Litang nach Kangding ist Teil des Sichuan-Tibet-Highways. Die ungeteerte Bergstrasse kann man typischerweise in etwa acht Stunden bewältigen. China investiert derzeit intensiv in die Erschliessung Tibets und deshalb wird diese Strecke ausgebaut. Dies geschieht nicht etwa sukzessive sondern "the fast", "the chinese way"! Das bedeutet: Alles auf einmal, Alles gleichzeitig!

Wir fahren insgesamt 13 Stunden durch Baustellen, müssen immer wieder eine halbe Stunde einfach stehen und warten, weil ein Bagger einen Teil des Berges abträgt und der Bruch auf die Strasse fällt. Ein anderer Bagger verlädt den Bruch dann auf riesige LKW und erst dann ist die Strasse wieder befahrbar - einspurig!

Die üblichen Restaurants gibt es auf dieser Strecke nicht mehr, Toiletten auch nicht, die Mädels müssen z.T. mehrere hundert Meter laufen um einem größeren Publikum von Strassenarbeitern zu entkommen. Bis 17.00 Uhr, also über zehn Stunden, kommen wir mit Hostel in Kangdingzwei Rollen Keksen aus, ich verzichte zu Gunsten der Familie ganz, und zehre ein bisschen von meinen Reserven. Die Kinder stehen diese Extremsituation erstaunlich gut durch, aber die Ungewissheit zerrt an unseren Nerven.

Um 20.00 Uhr sind wir dann endlich in Kanding, wo der nächste Knaller auf uns wartet, unsere Unterkunft. In weiser Voraussicht, dass man bei einer Durchgangsstation für nur eine Nacht nicht lange suchen möchte, haben wir in einem Hostel zwei Zimmer reserviert.

Das im Lonely Planet empfohlene Hostel richtet sich dann eher an Low Budget Traveller, das Bad ist auf dem Gang, den Teppich im Zimmer betrete ich nicht mit nackten Füßen und die Bettwäsche könnte frisch gewaschen sein - sicher sind wir nicht. Auf diese Weise weihe ich in dieser Nacht mein Baumwoll-Inlett ein, das wir für besonders kalte Nächte im Schlafsack und eben genau für diese Situation dabei haben.

Als die Kinder im Bett sind, trinken Heike und ich jeder ein großes Bier, was die Situation erträglicher macht. Heike dreht noch eine Runde um den Block, um die Zeit im Zimmer weiter zu minimieren, aber letztlich geht auch diese Nacht herum!

Montag, 26. September 2011

Bevor wir zur Busstation fahren, kaufen wir Essen und Getränke für eine ganze Armee ein, mit denen wir eine Woche am Mt. Everest locker überstehen würden. Heute aber geht die Busfahrt auf guten Straßen die ganze Zeit flott bergab nach Chengdu, acht Stunden lang, mit regelmäßigen Pausen!

Innenstadt von ChengduChengdu ist die Hauptstadt der Provinz Sichuan und hat über zehn Millionen Einwohner. Beeindruckend sind die vielen Hochhäuser, die breiten Straßen und der unglaubliche Verkehr. Nach zwei Wochen in Bergregionen ist das alles etwas viel für uns. Trotzdem freue ich mich mal wieder in einer Stadt zu sein und genieße das quirlige Leben.

Wir wohnen in Sim`s Cozy Garden Hostel, das zum drittbesten Hostel ganz Chinas gewählt wurde und entsprechend schön ist. Es liegt mitten in der Stadt und ist eine Oase der Ruhe. Mit einer netten Dachterrasse, Restaurant, Bar, Travel Agency und WiFi hat es genau die Infrastruktur, die wir brauchen!

Seit Shangri-La gibt es hier auch wieder Bankautomaten, an denen wir Bargeld bekommen. Dabei gibt es in Chengdu erstmals Probleme. Als ich meine Kreditkarte in den Automaten stecke, frisst die Maschine meine Karte und geht in den Störungsmodus! Ich bin total erschrocken. Was mache ich jetzt? Wir versuchen die Hotline anzurufen aber dort erreichen wir niemanden. Also beschließen wir cool zu bleiben und morgen früh zur entsprechenden Bankfiliale zu gehen. Gott sei Dank klappt das und ich bekomme die Karte nach Vorzeigen meines Passes wieder. Allerdings liebt der Geldautomat der China Construction Bank offensichtlich meine VISA-Karte über Alles, denn am gleichen Tag frisst er sie ein weiteres Mal und wir beschließen kein Geld mehr bei dieser Bank zu holen.

Ich habe jetzt immer ein komisches Gefühl bei der Nutzung von ATM`s und wir nutzen ausschließlich Geldautomaten innerhalb einer Bankfiliale und dann auch nur während der Öffnungszeiten, so dass wir immer die Möglichkeit haben, eine eingezogene Karte sofort wiederzubekommen.

Dienstag, 27. September 2011

Heute verbringen wir mit Organisation und Einkäufen. Andi und Nico brauchen noch einen Fleece-Pullover und unser Vorrat an Drogerieartikeln geht zur Neige. Morgen ist außerdem Ninas Geburtstag, für den noch einige Vorbereitungen zu treffen sind.

So besorge ich eine chinesische Geburtstagstorte. Es dauert eine Weile bis ich den jungen Verkäuferinnen mit Händen und Füßen erklärt habe, was ich haben will, aber als ich das kleine Passbild von Nina in meinem Geldbeutel zeige, verstehen sie mich sofort und ich bekomme eine tolle Schokosahnetorte in einer schönen Geschenkpackung mit Zahlen-Kerzen der Zahlen „1“ und „2“, einen kleinen Plastiktortenheber dazu Gabeln und Papiertellerchen.

TeahouseWir werden zwar nach dem Verzehr einen Haufen Müll produziert haben, aber für uns ist es sehr praktisch. Der Umweltgedanke ist noch nicht sehr ausgeprägt in China. Es gibt zwar an Bahnhöfen z.T. Mülltrennung aber aus Bussen wird der Abfall oftmals einfach aus dem Fenster geworfen.

Als Nächstes besorge ich Geschenkpapier, was ich nach einiger Zeit in einem Blumenladen finde. Jetzt fehlen noch ein paar Süßigkeiten. Ich gehe ich einen riesigen Supermarkt und suche irgendetwas, was Nina kennt, außer M&Ms und Kaugummi finde ich nichts, obwohl die Regale voll sind mit Knabbereien, aber leider kann ich nicht lesen was sich in den Packungen befindet und die Angestellten können mir auch nicht helfen. Sie wissen noch nicht mal etwas mit dem Wort „Schokolade“ anzufangen. Ich beschließe, dass der Geburtstag von Nina diesmal eben etwas anders werden wird. Wir haben ja die Torte!

Abends haben wir Karten für ein typisches Teehaus gebucht, wo Tee serviert wird, und eine bunte Show stattfindet, die Sichuan Oper, Comedy, Musik, Puppenspiel, Schattenspiel und die für die Provinz Sichuan berühmte Face-Changing Performance beinhaltet.

Zuerst sind wir etwas skeptisch, vor allem die Kids, aber nach kurzer Zeit sind wir total begeistert von der Show. Die Musiker, die unglaubliches auf ihren Instrumenten leisten, ein Schattenspieler, der nur mit seinen Händen wunderbare Figuren als Schatten zaubert und Puppenspieler, die ihre Puppen zum Leben erwecken sind erstklassig.

Am Meisten aber erstaunt und verblüfft uns die Face-Changing Performance. Innerhalb des Bruchteils einer Sekunde wechseln die Schauspieler ihre Masken und Kostüme. Nico überlegt noch lange auf dem Weg zurück, wie der Trick wohl funktionieren könnte.

Mittwoch, 28. September 2011

GeburtstagstorteHeute ist Ninas 12. Geburtstag. Wir wecken sie wie zu Hause mit einem Geburtstagslied und Kerzen auf, nur dass die Kerzen jetzt auf einer großen Schokoladentorte stecken.

Danach ist Geschenke auspacken angesagt. Nina bekommt schöne Fischchen-Silber-Ohrringe mit einer passenden Halskette, die sie am Inle-Lake so gerne haben wollte und die wir heimlich gekauft haben. Riesig freut sie sich auch über das Buch, das Dirk uns nach Bangkok mitgebracht hat und das wir seitdem heimlich mit uns herumschleppen, ein gebundenes dickes Buch im Rucksack! Wichtig für den weiteren Verlauf der Reise und daher auch mit großer Freude ausgepackt wird der Gutschein für elektronische Bücher, der den deutschsprachigen Lesestoff für die nächsten Monate sicherstellen wird.

Als Clou bekommt Nina aber eine besondere Überraschung. Wir haben für sie ein Internship, also eine Art Praktikum, im Giant Panda Research Center in Chengdu organisiert. Sie wird einen ganzen Tag mit Pandas zusammen sein, Ställe säubern, Futter zubereiten und natürlich selber füttern. Zu Beginn ist sie noch ein bisschen skeptisch, aber als wir am Research Center ankommen und Nina von einem freundlichen Mitarbeiter empfangen wird, weicht die Skepsis der Freude. Den Praktikumstag wird sie zusammen mit zwei jungen Engländern absolvieren, die auch einen ganz netten Eindruck machen.

Wir verabschieden uns von ihr und werden mit unserer Gruppe zu den ersten Pandas geführt, die schon Bambus mümmelnd auf einer Wiese sitzen. Es ist schon ein ganz besonderes Erlebnis, diese wunderbaren Tiere zu beobachten. Sie sehen auf Fotos Praktikum im Giant Panda Research Centerschon niedlich aus, aber in der Realität sind sie so putzig und tapsig, dass wir gar nicht aufhören können sie zu beobachten.

Das Giant Panda Research Center hat sich auf die Zucht von Großen Pandas spezialisiert. Sie sind absolute Experten auf diesem Gebiet. In anderen Zoos gibt es kaum Pandanachwuchs. Hier kommen hingegen im Durchschnitt zehn Junge jedes Jahr im August zur Welt. Ziel dieser Forschungsstation ist nicht die Auswilderung von Pandas, sondern die Optimierung der Zuchtergebnisse. So ist man seit einigen Jahren dazu übergegangen, die Tiere nur noch künstlich zu befruchten. Die ausgewachsenen Pandas werden dann weltweit an Zoos ausgeliehen. Andere Stationen in China sind dagegen auf das Auswildern spezialisiert.

Große Pandas sind stark vom Aussterben bedroht, da ihre natürlichen Lebensräume immer stärker vernichtet werden und sie immer wieder Wilderern zum Opfer fallen.  Zur Zeit leben nur noch etwa 1.600 Tiere in den Bambuswäldern der Provinzen Sichuan und Gansu. Ohne den massiven Schutz und mit großer Unterstützung des WWF, dessen Wappentier der Panda ist, wären diese Tiere wahrscheinlich schon ausgestorben.

Beim Italiener in ChengduWir schauen auf unserer Besichtigungstour nicht nur ausgewachsenen Tieren beim Bambusfrühstück zu, sondern hatten auch das Glück, die neugeborenen Pandas zu sehen. Pandababys wiegen bei der Geburt nur zwischen 60 und 100 Gramm, weniger als 1/1000 des Gewichtes ihrer Mutter und haben noch kein Fell. Wir sehen etwa sechs Wochen alte Pandas, die zur Beobachtung entweder in einem Kinderbett oder in einem Inkubator liegen. Einmal täglich werden sie zu ihrer Mutter gebracht.

Am Ende unsere Tour treffen wir dann wieder mit Nina zusammen, die total begeistert von ihrem Pandatag erzählt. Ich denke dies ist das richtige Geschenk für sie gewesen und sie wird diesen ganz besonderen Geburtstag nicht vergessen.

Auf Wunsch des Geburtstagskindes lassen wir den Tag in einem italienischen Restaurant ausklingen. Dafür fahren wir mit dem Taxi durch ganz Chengdu. Das Essen schmeckt wirklich italienisch und wir genießen Pasta und Pizza und das erste Glas Wein nach fast zwölf Wochen!

Donnerstag, 29. September 2011

Packen vor der ZugfahrtDen letzten Tag in Chengdu verbringen wir wieder mal mit Organisation und „Bürokram“. Um 09.30 Uhr kommt ein Vertreter unseres Reisebüros in Shangri-La im Guesthouse vorbei und bringt uns die Fahrkarten für den Zug heute Abend nach Lhasa und unsere ersehnten Permits für Tibet.

Andi quält sich den Großteil des Tages mit dem Hochladen der China-Bilder mit Hilfe einer miesen Internet-Verbindung.

Um 19.30 Uhr geht es dann, nach einem letzten Abendessen im Guesthouse, mit dem Taxi zum Bahnhof. Es klappt alles perfekt und trotz unglaublicher Menschenmassen am Bahnhof fährt der Zug pünktlich um 20.59 Uhr ab nach Lhasa.

Vor uns liegen 44 Stunden im Zug!